Ich fühle mich aufgewühlt, das Chaos der Gedanken hält mich wach. Ich spüre den Impuls zu schreiben. Das, was im Innern ist, aufs Papier fließen zu lassen. Ich bin zwar müde, greife aber trotzdem zu Stift und Papier und fange an zu schreiben. Ohne aktiv oder rational über das nachzudenken, was ich schreibe. Ich schreibe das auf, was raus will. Was gesehen werden will.
Meist beginne ich mit etwas belanglosem wie etwas, das heute passiert ist oder was aktuell in meinem Leben geschieht. Beschreibe meine Gefühle. Und dann merke ich, Wort für Wort, wie sich das, was gerade in mir los ist, zeigt.
Am Ende kommt manchmal eine Erkenntnis dabei raus. Etwas Neues, das ich über mich, meine Innenwelt oder mein inneres Kind lerne. Manchmal aber auch nicht. So oder so fühle ich mich hinterher immer befreiter. Meist kommen ziemlich genau 3 DinA4 Seiten zustande. Verrückt, oder? Und ich fühle mich hinterher verbundener mit mir. Mehr im Reinen. Zuversichtlicher.
Schreiben bedeutet für mich Heilung – Stück für Stück. Mit jedem Aspekt, der aufgedeckt wird, mit jedem Gefühl, das durch das Abtauchen in meine Seele zum Vorschein kommt, mit jedem Gedanken, der sich endlich einen Weg aus meinem Kopf heraus bahnt.
Der Stift als Schlüssel zur Seele
Meine Beziehung zum Schreiben begann schon als Kind. Ich habe schon damals Tagebücher vollgeschrieben, das beschrieben, was ich im Außen beobachtet habe und was in mir vorging. Schon als Teenie wusste ich, dass ich später mal ein Buch schreiben wollte – denn ich wollte anderen Menschen, die wie ich Mukoviszidose hatten, Mut machen.
Mit der Zeit wurde das Schreiben für mich ein Werkzeug der Selbstfindung. In den schwierigsten Zeiten meines Lebens – einer Depression im jungen Erwachsenenalter, in Phasen, in denen mein Gesundheitszustand sich verschlechterte, und bei der überwältigenden Umstellung zum Muttersein – war es das Schreiben, das mir half, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Als Life-Coach für Frauen erlebe ich heute, wie kraftvoll dieser einfache Akt sein kann: Stift auf Papier, Gedanken ins Fließen bringen, ohne Filter, ohne Zensur. Es ist, als würde eine direkte Verbindung zwischen meinem bewussten Denken und meinen tiefsten inneren Wahrheiten entstehen – ein Kanal, durch den Verborgenes ans Licht gelangen darf.
Vor einigen Jahren begann ich, mich dem Schreiben meiner ersten Bücher zu widmen. Im Zuge dessen stieß ich auf die sogenannten „Morgenseiten“ oder „Morning Pages“. In erster Linie wollte ich meine Kreativität ankurbeln und las deshalb Julia Cameron’s Buch „The Artist’s Way“. Die Morgenseiten halfen mir sehr beim Schreiben meiner Bücher. Was ich aber heute feststellen darf, ist, dass die Morgenseiten (die ich teilweise auch abends schreibe und manchmal auch in kürzeren Fassungen) vor allem für meine persönliche Entwicklung, Selbstreflexion und Heilung nutze.
Mehr zu den Morgenseiten erfährst du weiter unten in diesem Post bei den Schreibtipps.

Warum das Schreiben so heilsam ist
Vielleicht fragst du dich: Was genau passiert eigentlich, wenn wir schreiben? Die Wissenschaft gibt uns spannende Hinweise. Studien zeigen*, dass expressives Schreiben – also das Ausdrücken unserer tiefsten Gedanken und Gefühle – nachweislich positive physiologische und psychologische Effekte hat:
- Es reduziert Stress und senkt den Cortisolspiegel
- Es stärkt unser Immunsystem
- Es hilft uns, traumatische Erfahrungen zu verarbeiten
- Es verbessert unseren Schlaf
- Es erhöht unser Wohlbefinden und unsere Resilienz
Doch jenseits dieser messbaren Effekte geschieht noch etwas viel Tieferes. Wenn ich schreibe, geschieht eine Art Sichtbarmachen dessen, was in mir lebt: ich bringe das, was in mir chaotisch und überwältigend erscheint, nach außen. Plötzlich kann ich es betrachten. Es ist nicht mehr nur ein verwirrendes Gefühl, sondern etwas, das ich sehen und verstehen kann.
„Das Schreiben ist wie ein Spiegel, der mir zeigt, was wirklich in mir vor sich geht – oft Dinge, die ich zuvor nicht so recht greifen konnte.“
Als Life-Coach für Frauen beobachte ich immer wieder: Wir Frauen neigen besonders dazu, die Bedürfnisse anderer über unsere eigenen zu stellen. Wir funktionieren, kümmern uns, sind für alle da – und verlieren dabei manchmal den Kontakt zu uns selbst. Schreiben kann ein wundervoller Weg sein, diesen Kontakt wiederherzustellen und uns selbst wieder in den Mittelpunkt unseres Lebens zu rücken.
*Hier findest du eine der spannenden Studien zum Thema „expressives Schreiben“.
Wie Schreiben uns von innen heilt
Heilung wird eigentlich nicht von außen bewirkt. Sie beginnt im Inneren, in diesem stillen Raum, in dem wir uns selbst begegnen dürfen – mit allem, was wir sind.
Das Schreiben öffnet die Tür zu diesem Raum.
Besonders für uns Frauen, die wir oft in einem Netz aus Verantwortungen, Beziehungen und Selbstzweifeln gefangen sind, kann das Schreiben ein Akt der Befreiung sein. Es erlaubt uns:
- Klarheit zu gewinnen: Im Schreiben sortieren sich unsere verworrenen Gedanken. Plötzlich sehen wir Muster und Zusammenhänge, die vorher im Nebel verborgen waren.
- Gefühle zu verarbeiten: Wenn wir unsere Emotionen in Worte fassen, nehmen wir ihnen oft ihre überwältigende Kraft. Wir geben ihnen einen Raum, in dem sie sein dürfen, ohne uns zu kontrollieren.
- Alte Wunden zu heilen: Im geschützten Raum des Schreibens können wir uns traumatischen Erfahrungen nähern, sie betrachten und langsam in unsere Lebensgeschichte integrieren. Natürlich nur, soweit es sich machbar anfühlt und wir diese Begegnung bewältigen können.
- Uns selbst zu begegnen: Im Schreiben treten wir in einen Dialog mit unserem tieferen Selbst. Wir hören unsere innere Stimme, die sonst oft im Lärm des Alltags untergeht.
- Neue Perspektiven zu entdecken: Wenn wir schreiben, können wir Abstand nehmen und unser Leben aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Diese Vogelperspektive eröffnet neue Möglichkeiten.
Schreiben hilft mir, eine neue Perspektive einzunehmen und die Dinge von außen zu betrachten. Es schafft diesen heilsamen Abstand, der oft nötig ist, um klarer zu sehen und weniger in meinen eigenen emotionalen Verstrickungen gefangen zu sein.
Ein Stück Papier und ein Kugelschreiber können Wunder bewirken, Schmerzen heilen, Träume in Erfüllung gehen lassen und verlorene Hoffnungen wiederbringen.
Fünf Schreibübungen für deinen eigenen Heilungsweg
Aus meiner eigenen Erfahrung und meiner Arbeit als Life-Coach für Frauen möchte ich dir einige Schreibübungen mit auf den Weg geben, die dir helfen können, deinen eigenen Heilungsweg durch das Schreiben zu finden:
1. Die Morgenseiten
Nimm dir jeden Morgen (oder abends vor dem Schlafengehen, das klappt für mich als Mama mittlerweile besser) 15-20 Minuten Zeit, um drei Seiten lang zu schreiben. Ohne zu zensieren, ohne nachzudenken. Lass einfach fließen, was kommen will. Es geht nicht darum, etwas „Schönes“ oder „Kluges“ zu schreiben. Es geht darum, deinen Geist zu leeren und Raum für Intuition zu schaffen. Wenn dir nichts einfällt, schreibe einfach immer wieder „Mir fällt nichts ein, was ich schreiben kann…“.
Diese Übung lebt von der Wiederholung. Probiere es also bestenfalls mindestens zwei Wochen aus. Und dann schau, was passiert. 😊
Alternative für Busy Mamas: Als Mama fühle ich sehr, wie anspruchsvoll diese Aufgabe erscheint, wenn man so einen vollen Alltag hat. Daher – fange klein an. Alternativ kannst du dir einen Timer, z.B. auf 7 Minuten stellen und in dieser Zeit einfach so viel schreiben, wie du kannst. Oder du schreibst erstmal nur eine Seite voll. (Tatsächlich kommen die tiefliegenden Gedanken, meiner Erfahrung nach, erst ab Seite 2 😉, aber probiere es trotzdem mal aus!)
2. Der Brief, der nie abgeschickt wird
Schreibe einen Brief an eine Person, mit der du ungelöste Konflikte oder unausgesprochene Gefühle hast. Sei vollkommen ehrlich – dieser Brief ist nur für dich. Schreibe alles auf, was du dieser Person schon immer sagen wolltest. Wenn du fertig bist, entscheide bewusst, was du mit dem Brief machst (aufbewahren, verbrennen, zerreißen).
3. Dialog mit deinem inneren Kind
Stell dir vor, du könntest mit deinem inneren Kind sprechen – jenem Teil in dir, der verletzt wurde, der Angst hat oder der sich nicht geliebt fühlt. Beginne einen schriftlichen Dialog: „Liebes inneres Kind, wie fühlst du dich heute? Was brauchst du?“ Und dann antworte aus der Perspektive deines inneren Kindes. Dieser Dialog kann tiefgreifende Einsichten bringen und sehr heilsam sein.
4. Die Dankbarkeitsspirale
Beginne mit einem einfachen Satz der Dankbarkeit: „Ich bin dankbar für...“ und lass dich von dort aus weitertragen. Mit jedem Satz tauchst du tiefer in das Gefühl der Dankbarkeit ein. Beobachte, wie sich deine Stimmung und deine Perspektive durch diese Übung verändern.
5. Dein altes weises Ich
Schreibe aus der Perspektive deines alten weisen Ichs. Vielleicht bist du 70, 80, 90 oder 100. Beschreibe, wie du lebst, wie du dich fühlst, was dir wichtig ist. Aus dieser Perspektive heraus kannst du auch eine Frage deines heutigen Ichs beantworten lassen. Diese Übung hilft dir, deine Wünsche und Träume klarer zu erkennen und schafft eine positive Vision, auf die du hinarbeiten kannst. Diese Übung ist besonders kraftvoll und dieses Gedankenspiel ist auch die Basis für mein drittes Buch „Mehr als ein ganzes Leben“. Falls es dich interessiert, schaue gerne mal rein.
Diese Übungen haben keine starren Regeln – experimentiere mit ihnen, passe sie an deine Bedürfnisse an. Das Wichtigste ist, dass du dir diesen Raum zum Schreiben regelmäßig schenkst.

Kleine Schritte, große Wirkung
Ich weiß, wie herausfordernd es sein kann, im vollen Alltag Zeit zum Schreiben zu finden. Besonders wenn du Kinder, Job und tausend andere Verpflichtungen jonglierst. Hier sind einige praktische Tipps, wie du trotzdem beginnen kannst:
- Start small: Lieber fünf Minuten täglich als eine Stunde einmal pro Woche
- Feste Zeit: Versuche, das Schreiben an eine bestehende Routine zu koppeln (z.B. morgens vor dem ersten Kaffee oder abends nach dem Zähneputzen)
- Analog schreiben: Wenn möglich, nutze auf jeden Fall Stift und Papier statt digitaler Geräte – es aktiviert andere Bereiche im Gehirn und verhindert Ablenkungen
- Keine Perfektion: Erlaube dir, „schlecht“ zu schreiben – es geht um den Prozess, nicht um das Ergebnis
- Geschützter Raum: Halte deine Schreibübungen privat, wenn du das möchtest – das gibt dir die Freiheit, vollkommen ehrlich zu sein
Dein Weg zurück zu dir
Als Life-Coach für Frauen begleite ich dich gerne auf deinem Weg zurück zu dir selbst. Ich glaube fest daran, dass jede von uns die Antworten bereits in sich trägt. Manchmal brauchen wir nur eine liebevolle Begleitung, um den Weg dorthin zu finden.
Schreiben ist für mich ein Werkzeug der Selbstliebe geworden – eine Art, mir selbst zu sagen: „Ich nehme mir Zeit für dich. Ich höre dir zu. Du bist wichtig.“ In einer Welt, die uns ständig nach außen zieht, ist es ein Weg, nach innen zu gehen und dort die Kraft zu finden, die wir brauchen.
Ich lade dich ein, es selbst auszuprobieren. Nimm dir heute noch fünf Minuten Zeit, greife zu Stift und Papier und beginne zu schreiben – ohne Plan, ohne Erwartung. Einfach nur du und deine Worte. Und vielleicht entdeckst du, wie ich, dass jedes geschriebene Wort dich ein Stückchen näher zu dir selbst bringt.
Hast du Fragen zum Thema Schreiben als Heilungsweg oder möchtest du mehr über mein Coaching-Angebot erfahren? Ich freue mich, von dir zu hören.
Dieser Blogpost wurde von mir als Life-Coach für Frauen geschrieben, um dich auf deinem Weg zu mehr Selbstverbindung zu unterstützen.
Mit „Back to You – Coaching & Guidance“ helfe ich dir, den Weg zurück zu dir selbst zu finden – authentisch, ehrlich und mit viel Herz.
